Dem Jahresende entgegen gelaufen

Zufrieden grinsen Michael Klenk (re.) und Jörg Levermann (links) nach dem Silvesterlauf in die Kamera. (Foto: Svenja Levermann)

Ein Menü mit vier Gängen mit geladenen Freunden am Abend, das sollte der Abschluss des Jahres 2009 werden. Doch um hemmungslos Kalorien und Wein genießen zu können mussten doch noch am Silvestertag zehn, beziehungsweise fünf Kilometer rennend unter die Füße genommen werden. Gemeinsam mit meinem Freund, Michael Klenk, wollte ich in Karolinenhof beim Grünauer Silvesterlauf 2009 an den Start gehen. Michael wählte die fünf Kilometer Wettkampfdistanz, bei mir durften es zehn sein. Für meinen ehemaligen Kommilitonen war es sein erster Wettkampf. Noch nie hatte er sich getraut, seine Laufleistung in einem offiziellen Rennen zu testen. Mehr als 200 Läuferinnen und Läufer, darunter viele Kinder und Jugendliche hatten sich zum läuferischen Jahresabschluss in Berlin-Grünau angemeldet. Organisiert wurde der vierte Grünauer Silvesterlauf, vom Kulturverein Kind & Kegel Eichwalde e.V. Tatkräftig unterstützt wurde er dabei von Klaus Jadczak und Helmut Winter, Rolf Wiesner, Hanns Uhthoff sowie Jochen Keutel. Besonderheit bei diesem noch jungen Volkslauf ist, dass sich auch Spitzenläufer wie Matti Markowski, der Vize-Europameister der unter zwanzigjährigen in der 10.000-m Distanz, zum Start melden. Der jüngste Teilnehmer, drei Jahre alt, lief 400 Meter, der älteste Athlet nahm die Zehn-Kilometer-Strecke in Angriff.

Michael und ich machten uns mit lockeren Joggingschritten etwas warm und gingen an den Start. Schon stürmt die Meute los und wir hinterher. Michael konnte mein Tempo nicht halten, so dass sich der Abstand zwischen uns schnell vergrößerte. Ungewohnt war es für mich im Schnee zu laufen. Ich habe keine besonderen Laufschuhe für solches Wetter. Die ersten beiden Kilometer habe ich nach 5:10 und 5:09 hinter mich gebracht. „Lass es lieber nicht zu schnell angehen“, sage ich mir, damit ich noch genug Ausdauer habe, um vielleicht die zweite Hälfte etwas schneller zu laufen. Die zweieinhalb Kilometer lange Strecke führt über verschneite Waldwege im Zickzack durch den Grünauer Forst zum Forsthaus am Adlergestell, zum Wendepunkt knapp 500 Meter weiter am Adlergestell entlang Richtung Grünau.

Es dauerte eine ganze Weile, bis mir Michael entgegen kam. Ich fand, er sah noch wirklich munter aus und wünschte Ihm noch viel Durchhaltevermögen für seine zweite Hälfte des Rennens. Teilweise war die Spur schon etwas ausgetreten und uneben, so dass es mir inzwischen schwer fiel mein Tempo von rund 5:15 pro 1.000 m zu halten. Die Kilometer zogen sich nun doch etwas in die Länge. Nach 26:20 umrundete ich den zweiten Wendepunkt. Helmut Winter kommentierte das Geschehen am Wendepunkt und nannte meinen Namen. Voller Elan nahm ich die Kurve am Wendepunkt zu schnell, rutschte, konnte mich aber noch gerade fangen. Puh, das kostete Kraft. Weiter ging es in die zweite Runde.

Ich versuchte, das Tempo zu steigern, aber die Beine wollten nicht. Irgendwie kam mir die Strecke zum Wendepunkt am Adlergestell nun länger vor. Schon bald kam mir der Spitzenläufer Matti Markowski entgegen. Mit hohem Tempo rauschte er an mir vorbei, dem Ziel entgegen.

Michael im Endspurt auf der Zielgeraden. (Foto: Svenja Levermann)

Dann begegnete mir Michael das zweite Mal, der nun die letzten rund 500 Meter bis zum Ziel vor sich hatte. Er belegte mit 0:32:35 in der Altersklasse M40 den zehnten Platz. Es war sein erster Wettkampf überhaupt. Später erzählte er mir, dass er noch nie so schnell gewesen sei.

Ich hatte allerdings noch gut 4.500 Meter zu laufen und versuchte das Tempo zu halten, vielleicht auch noch etwas zu steigern. Mir fiel das sehr schwer. Versuchte ich schneller zu laufen, rutschte die Sohle in der festgetretenen Spur, die Kraft verpuffte einfach so. Im tieferen Schnee hatten die Sohlen meiner Laufschuhe mehr griff. Allerdings kostete das noch mehr Kraft, so dass ich schnell müde wurde und Tempo verlor. Ich beneidete die schnellen Hirsche und flinken Rehe vom OSC Berlin, die mit ihren Spikes auf dem Schnee liefen, als wäre es eine Sprintstrecke auf einer Tartan-Bahn. So gut es ging, versuchte ich, im Tempo nicht nachzulassen und erreichte den Wendepunkt am Adlergestell zum zweiten Mal. „Nur noch zweieinhalb Kilometer!“ sagte ich mir, „jetzt nicht langsamer werden.“ Die Uhr am Handgelenk zeigte mir eine Herzfrequenz von 177, „also alles noch im grünen Bereich“, dachte ich. Irgendwie verging die Zeit nun doch scheinbar schneller. Zumindest empfand ich das so. Ein ganzes Stück vor mir lief eine Läuferin, die mich schon auf der ersten Runde überholt hatte. Langsam kam ich immer näher. Entweder wurde sie langsamer oder ich schneller. Noch 500 Meter! Nun wurde sie noch langsamer. Ich lief neben ihr her. „Komm“, sagte ich zu ihr, „du hast mich so schön gezogen, nicht langsamer werden, Tempo halten. Los!“ Sie beschleunigte wieder etwas. Ich zog ebenfalls etwas im Tempo an. Nahezu gleichzeitig überschritten wir die Ziellinie. Nach 0:52:50 stoppte ich erschöpft die Uhr. Ich bin zufrieden. Ich weiß ich kann schneller, aber dazu muss ich noch viele Trainingskilometer laufen.

Jörg ist fast im Ziel. (Foto: Svenja Levermann)

Zufrieden grinsen Michael und ich uns im Zielbereich an. „Gut, dass du mich überzeugt hast, mitzulaufen“, sagte er. „So schnell war ich noch nie.“ „Sieh’ste, hab‘ ich doch gesagt, dass man im Wettkampf immer schneller läuft als man glaubt zu können“, antwortete ich. Auf jeden Fall war der Lauf für uns ein gelungener Abschluss des Jahres 2009.

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