Fröttstädt, Thüringen. „Hast du das, ganz Schlimme‘ oder das ,normal Schlimme‘ mitgemacht?“ So überschreibt Tilman Köneke aus Flensburg seinen Laufbericht über den ThüringenULTRA
2011 in seinem Blog korrekt-laufen.de. Ich habe genauso wie Tilman nur das ,normal Schlimme‘ gemacht, den 100 km langen Ultra-Lauf.
Rund 197 Läuferinnen und Läufer gingen am 2. Juli 2011 um 4 Uhr in Fröttstädt an den Start. Etwa 89 Ultra-Heldinnen und Helden starteten bereits am Vorabend und liefen zunächst einen 70 Kilometer langen Rundkurs um bei Kilometer 11 auf die 100-Kilometer-Strecke zu stoßen. So sollte das Starterfeld der 100-Meilen-Läufer und 100-Kilometer-Läufer zusammen gehalten werden. Dabei starteten die schnellsten 100-Meilen-Läufer erst gegen 22 Uhr. Vor deren Leistung empfinde ich eine echte Hochachtung.
Während ich mich für den ThüringenULTRA im vergangenen Jahr sehr gewissenhaft vorbereitete, lief das Training dieses Jahr eher unregelmäßig. So stand für mich von Anfang an fest, es ganz ruhig und gelassen anzugehen, zumal ich am Wochenende zuvor 44 und 55 Kilometer gelaufen bin. Das steckte doch noch etwas in den Beinen. Der ThüringenULTRA stand für mich ohnehin als Vorbereitung für ein noch größeres Abenteuer auf der Agenda, den ersten 100-Meilen-Lauf in Berlin. Der startet am 20. August 2011. Bis dahin will ich noch einige lange Kanten laufen.
Ausgelassene Stimmung beim Frühstück um halb vier
Nach maximal vier Stunden Schlaf traf ich mich mit den übrigen Lauf-Verrückten zum Frühstück. Man, was haben wir für einen Spaß gehabt! Wir hatten jede Menge zu Lachen. Der eine oder andere Witz hat sicher dazu beigetragen, ordentlich wach zu werden gegen 3:15. Die ausgelassene Party-Stimmung hielt sich auch im Startfeld. Punkt 4 Uhr gab es den Startschuss in Form eines zischenden Feuerwerkskörpers, und schon trabten wir los. Rudi Schmidte aus der Gegend von Bremen sorgte gleich von Anfang an, dass das Gelächter nicht nachließ. Er riss ständig den Gag, verbal das Geschnoddere aufzufangen, wenn jemand seine Nase frei blies. Wir kamen aus dem Lachen kaum heraus. Das war ziemlich anstrengend, vor allem auf den ersten Kilometern. Er zog auch bald im Tempo an, ich wollte ihm nicht folgen. Das war gut so, denn so konnte ich mein eigenes Tempo finden.
Wenn man die Idee hat, 100 Kilometer im Laufschritt zu bewältigen, denkt man nicht an die überaus lange Strecke, sondern daran, zunächst einmal die ersten 25 oder 26 Kilometer zu laufen. Die liefen sich auch ziemlich unspektakulär. Kurzweilige Gespräche sorgten dafür, dass die ersten elf Kilometer locker durch die Beine gingen. In Gedanken malte ich mir die Strecke aus, so, wie ich sie im vergangenen Jahr kennen gelernt hatte und war schon fast bei Kilometer 45 wo es auf die alte Bahntrasse geht mit leichtem Gefälle – eine Rennbahn. Bis dahin waren es aber noch einige Kilometer hin.
Die ersten 25 Kilometer vergingen wie im Flug
Ruhlaer Skihütte – jede Läuferin, jeder Läufer wird anmoderiert, dort ist auch gleichzeitig der erste Wechselpunkt für die Staffelläufer. Seit Kilometer elf sind die 100-Meilen-Atlhleten mit dabei. Ich bin froh, das nicht machen zu müssen, das „ganz Schlimme“. Ich habe noch ein paar Wochen Zeit für die Vorbereitung auf meinen ersten 100-Meiler.
In Brotterode bei Kilometer 29 kam ich mit Thomas Ehmke ins Gespräch, der bereits gut 95 Kilometer unterwegs war und noch rund 66 Kilometer vor sich hatte. Ganz beiläufig erzählte er, dass seine Beine nun doch schon ziemlich schwer seien, wahrscheinlich vom Zugspitz Ultratrail am Wochenende zuvor. Der Lauf sei ziemlich anstrengend gewesen. Die Route über 101 Kilometer führte mit rund 5.000 Höhenmetern teilweise über Geröll und schmale Pfade an den Hängen der Zugspitze. Ich bin beeindruckt. Erst vor wenigen Wochen bin ich auf die Website dieses Ultra-Laufs gestoßen. „Toll, da möchte ich auch mal mitlaufen“, dachte ich. Die nächsten 20/30 Kilometer begegneten wir uns öfter. Bald lief ich auf der Alten Bahntrasse kurz vor Kilometer 51, dem nächsten Wechselpunkt der Staffelläufer. Ich ließ es rollen um noch ein Foto von Thomas zu machen.
Die meiste Zeit lief ich allein, ließ mir an den Verpflegungsstellen viel Zeit. Die meisten Läuferinnen und Läufer aßen nur kurz, tranken etwas und machten sich gleich wieder auf den Weg. Ich holte sie meistens wieder kurz vor dem nächsten Verpflegungspunkt ein.
Die Taschenlampe darf beim nächsten Mal nicht fehlen
Ganz im Gegensatz zum vergangenen Jahr war das Wetter beim diesjährigen ThüringenULTRA ausgesprochen kühl. Ich hätte mir doch eine dünne Laufjacke gegen den unangenehm kalten Wind mitnehmen sollen. Außerdem rächte sich nun mein Fehler, am Morgen im dunklen Zelt ohne Taschenlampe die Brustwarzen mit Pflaster abzukleben. Das ging im wahrsten Sinne des Wortes schief. Es schubbelte unangenehm. Nun war es zu spät. Da half es auch nicht, das Pflaster wieder in die richtige Position zu kleben. „Nächstes Mal nehme ich unbedingt eine Taschenlampe mit und schneide mir die Pflaster etwas größer“, denke ich. In Gedanken male ich mir schon die Strecke bis Kilometer 75 aus und nehme mir vor, danach das Tempo etwas zu erhöhen. Die Abstände zwischen den Verpflegungspunkten – es sind in der Regel fünf bis sechs Kilometer – kommen mir recht kurz vor.
Am Wechselpunkt bei Kilometer 75 treffe ich Michael Frenz von der LG Nord Berlin. Ich kenne ihn von einigen Trainingsläufen mit der LG Mauerweg in Berlin. „Hey“, begrüßt er mich strahlend, „du siehst noch total frisch aus, du läufst ein super Rennen!“ Er hatte sich die 100 Meilen vorgenommen und sah doch schon ziemlich erschöpft aus, war aber guter Dinge, noch bis ins Ziel zu kommen. Mir war ziemlich kalt und spürte schon deutlich die Erschöpfung. Ich konnte mir nicht vorstellen, das Tempo nun, wie geplant, zu erhöhen. Ich ließ mir noch bis Kilometer 79 Zeit und trabte das gewohnte Tempo. Bei den Anstiegen versuchte ich den Laufschritt beizubehalten, bis ich so langsam wurde, dass Gehen schon wieder schneller war.
Ab Kilometer 79 ist es nur noch ein Halbmarathon
Verpflegungspunkt Kilometer 79, Marienglashöhle. Jetzt lag nur noch eine Halbmarathonstrecke vor mir. Toll, wie die Helfer uns Läufer verpflegten. Dort gab es selbst gemachte Hühnersuppe. Köstlich. Von nun an tankte ich auch Energie in Form von Cola nach. Das gab den richtigen Kick. Mit der passenden Laufmusik aus dem MP3-Player ging es dann weiter. Ich zog im Tempo etwas an. Steile Anstiege waren jetzt nicht mehr zu erwarten. Ich telefonierte noch kurz mit meiner Familie, die bereits in Wuppertal war. Das höhere Tempo zwickte zwar mächtig in den Oberschenkeln, aber ich gewöhnte mich daran. Und bald ließ das Ziehen auch etwas nach.
Kilometer 95 – Cheerleader – ich werde vom Moderator freudig angekündigt – laute Musik, das motiviert. Ich freue mich, über die Begeisterung der Helferinnen und Helfer. Ich nahm mir vor den nächsten Verpflegungspunkt nur 2,5 Kilometer vor dem Ziel auszulassen. Das ging gut. In flottem Laufschritt strebte ich dem Ziel entgegen und sammelte dabei noch einige Läufer ein. Meine Zeit vom Vorjahr noch zu übertreffen wurde immer unwahrscheinlicher, obwohl ich jetzt flotter unterwegs war. Mir machte das aber nichts aus. Schon konnte ich den Moderator im Ziel hören. Noch wenige Meter, dann kam die Zielgerade, und ich war froh, den Lauf ohne große Blessuren überstanden zu haben.
Gelassenheit in den Gesichtern der Finisher
Schön war es frisch geduscht in die entspannten Gesichter der Finisher zu blicken. Viele hatten diesen gewissen Blick drauf, der eine unglaubliche Gelassenheit ausstrahlte, aber auch den Stolz, wieder dabei gewesen zu sein.
Wer mit den Helfern und mit den vielen Menschen vom Orga-Team des ThüringenULTRA spricht, wird erstaunt sein, mit welchem Enthusiasmus sie dieses Ereignis stemmen. Der ThüringenULTRA ist inzwischen in der Szene der Ultra-Läufer sehr beliebt. Von Anfang an können sich die Organisatoren vom Lauffeuer Fröttstädt über steigende Teilnehmerzahlen freuen. Möglich ist dies aber nur, weil viele Vereine in der Region mitziehen und Verpflegungsstände betreuen. Herzlichen Dank für Euer Engagement!
Meinen absoluten Respekt und herzliche Glückwünsche zu dem Finish! Schon eine irre Distanz, die du da abgerissen hast. Erhol dich gut!
Die Erholung ist schon geschehen. In dieser Woche will ich wieder das Training aufnehmen und in der nächsten Woche steigern. Ich muss mal schauen, wie sich das anfühlt. Ich mach ja in diesem Jahr nur intuitives Training, also nicht nach Trainingsplan.
Schöner Bericht von einer tollen Veranstaltung, die mir auch viel Spaß gemacht hat.
Alles Gute fuerdie 100 Meilen.
Joerg